Alle Musiker, die ich persönlich kenne, haben ihre Karriere in einer Coverband begonnen. Auch ich habe während meines Studiums viel Zeit in Hochzeits- und Gala-Bands verbracht. Daneben investierte ich viel Zeit in meine eigenen Projekte, denn ich hatte das Gefühl, mit Cover-Musik nicht den Erfolg haben zu können, den ich mir wünschte. Nur eine eigene Band, so dachte ich, würde mir den Weg in die großen Konzerthallen und Arenen öffnen und mir Zugang zu den Major-Labels geben. Jeder meiner Musikerkollegen wartete auf den großen Erfolg – oft sprachen wir bei Bier und Fastfood stundenlang darüber, wie es wohl ist, wenn wir dann endlich groß rauskommen – und doch ist dieser ausgeblieben.
Deine eigene Band: Risiken und Nebenwirkungen
Leider musste ich früh erkennen, dass die Interessen der Mitglieder einer Band ebenso unterschiedlich sind wie ihre Charaktere. Außerdem hatte ich natürlich keinen Einfluss auf das Schicksal meiner Mitmusiker oder darauf, mit welcher Leidenschaft jeder das Ziel „Musikkarriere“ wirklich verfolgt. Letztlich war ich nur ein kleiner Teil des großen Ganzen. Unter diesen Vorzeichen Mitglied in einer Band zu sein, das ist manchmal sehr frustrierend. Denn es kann jederzeit passieren, dass jemand die Band ohne Vorwarnung verlassen will und du daher mit neuen Musikern nochmal komplett von vorn beginnen musst. Das ist nicht nur sehr ärgerlich, weil du bereits viel Zeit, Energie und Geld in das Projekt gesteckt hast. Zudem kommt die Band nicht richtig voran und so kann sich dein Traum von der großen Karriere möglicherweise schon in Luft auflösen, noch bevor du ihn in die Tat umsetzen konntest.
7 Gründe, warum sich deine Band auflöst
Es gibt viele Gründe, warum sich eine Band auflöst – und die meisten davon kannst du nicht beeinflussen. Meiner Erfahrung nach kommen die folgenden am häufigsten vor:
- Prioritäten der Bandmitglieder verändern sich
- Mangelnde Disziplin und Unpünktlichkeit
- Keine Teamplayer (die meiste Arbeit bleibt bei ein oder zwei Leuten hängen)
- Wechsel des Plattenlabels
- Keine Booking-Agentur und/oder kein Tour-Support
- Fehlendes Marketing
- Angst vor Erfolg wenn es „ernst wird“
All diese Faktoren können eine Rolle spielen, wenn es darum geht, ob du mit deiner Band erfolgreich bist oder nicht. Ich beobachte immer wieder, dass Bands nach Jahren harter Arbeit gerade dann zerbrechen, wenn sie endlich anfangen, sich einen Namen zu machen und der Erfolg greifbar wird. Wenn du diese Erfahrung vier- oder fünfmal gemacht hast, dann kannst du dir sicher sein, viel Zeit verloren zu haben, ohne deinem eigentlichen Ziel nur ein Stück näher gekommen zu sein.
Erfolg und Bezahlung als Freelance Musiker
Bei mir waren es zum Glück nur drei Bands, bis ich erkannte, dass der Spruch meiner Eltern: „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ in diesem Geschäft wohl zutreffender ist als anderswo. An diesem Punkt entschied ich mich, als Freelance-Musiker und Produzent zu arbeiten. Mir war klar, dass diese Entscheidung alles in meinem Leben auf den Kopf stellen würde. Und doch war es sehr verlockend, da ich wusste, dass Erfolg oder Misserfolg nun in direktem Zusammenhang mit meiner Arbeitsweise und Disziplin stehen würden. Ich konnte niemand anderen verantwortlich machen als mich selbst.
Was sprach also dafür, als Freelance-Musiker zu arbeiten? Zunächst einmal die Unabhängigkeit, die eine solche Arbeit mit sich bringt. Denn im Gegensatz zu einem vollwertigen Bandmitglied sind Sidemen oder Session-Musiker bezahlte Dienstleister. Dadurch haben sie allerdings auch keinen Anspruch auf Tantiemen, eine Beteiligung am Merchandising-Umsatz oder an Konzerterlösen. Beispielsweise ist der Drummer Karl Brazil ein Freelance-Musiker, wenn er mit Robbie Williams, James Blunt oder Joss Stone auf Tour geht. Oder die Bassistin Oneida James, als diese mit Joe Cocker tourte. Die Schlagzeuger Will Champion von Coldplay oder Eddie Fisher von OneRepublic sind dagegen feste Bandmitglieder, die ebenso an den erzielten Umsätzen beteiligt werden wie ihre Bandkollegen.
Für Freelance Musiker erfolgt die Bezahlung meistens in Form eines wöchentlichen Honorars oder pro Auftritt. Manchmal wird auch ein Pauschalbetrag für die gesamte Tour vereinbart oder es erfolgt eine andere Form der finanziellen Vergütung, z. B. in Form einer Art „Festanstellung“. Sobald du also Teil einer Band bist, du jedoch keinen Vertrag bei der Plattenfirma unterschrieben hast, zählst du zu den Session-Musikern oder Sidemen. Als Freelancer bist du Einzelunternehmer und musst genau kalkulieren, für welchen Preis du arbeiten kannst.
Sideman: Kein Alltag bei der Arbeit
Heutzutage stellen Sidemen die Mehrzahl der Musiker, die im Musikgeschäft tätig sind. Von Aufnahmesessions bis hin zu Live-Events oder Fernsehauftritten – Freelance-Musiker werden in so ziemlich jeder vorstellbaren musikalischen Situation eingesetzt. Genau das macht den Beruf für mich auch so interessant: Ich kann für verschiedene Künstler arbeiten und zugleich mehr musikalische Erfahrungen machen als jeder Musiker, der an eine bestimmte Band oder ein bestimmtes Genre gebunden ist. Außerdem tue ich genau das, was ich immer machen wollte und kann voller Überzeugung sagen: „Ich liebe meiner Arbeit.“ Warum sollte ich meine Zeit auch mit etwas verbringen, das mir keinen Spaß macht?
Apropos Zeit: Insgesamt ist meine Arbeitszeit auf der Bühne, verglichen mit dem zeitlichen Aufwand, den ein Angestellter hat, relativ kurz. Denn die meisten Konzerte dauern maximal 2-3 Stunden. Aber natürlich darfst du bei dieser Rechnung nicht die Reisezeit sowie die Zeit der persönlichen Vorbereitung vergessen. Trotzdem bietet mir dieser Lebensstil zeitliche Freiräume, die ich mit einem Nine-to-Five Job garantiert nicht hätte.
Mit Stars auf der Bühne und im Studio: die Ego-Falle
Aber klar, wer nur über die positiven Aspekte des Lebens eines Sideman spricht, der sagt nur die halbe Wahrheit. Mir ist aufgefallen, dass das Leben als Session-Musiker von vielen Leuten, die mit der Musikindustrie nichts zu tun haben, oftmals völlig falsch eingeschätzt wird. Sie nehmen an, dass du Millionen verdienst, nur weil du mit einem oder mehreren Major-Acts auf Tournee gehst oder mit ihnen im Studio arbeitest. Leider entspricht diese Vermutung für viele Session-Drummer überhaupt nicht der Realität. Zweifellos kann man als erfolgreicher Freelance-Musiker seinen Lebensunterhalt verdienen. Jedoch ist der Aspekt „Bekanntheit“ (deine eigene oder die der Band, für die du spielst) nur ein zusätzlicher Bonus der eigentlichen Tätigkeit als Profimusiker – und in der Tat ziemlich nutzlos, wenn er dir nicht dabei hilft, deine Rechnungen zu bezahlen. Ansonsten ist das Ganze schlicht eine Sache, die dein Ego streichelt und ein paar Leute beeindruckt. Mehr aber auch nicht.
Deshalb rate ich dir: Verwechsle nicht Bekanntheit mit finanzieller Freiheit. Denn das sind zwei ganz unterschiedliche Aspekte deines Berufs. Im schlimmsten Fall kannst du sogar in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, wenn du versuchst, eine Fassade des Ruhms und Luxus-Lebens aufrecht zu erhalten, die es eigentlich gar nicht gibt.
Geld verdienen im Musikbusiness
Für viele Leute ist nicht klar, wie das Geld in der Musikindustrie heutzutage verteilt wird. Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem angeheuerten Sideman und einem Musiker, der einen Plattenvertrag unterschrieben hat, Künstlertantiemen verdient und über andere Einkommen verfügt (Merchandise, Werbeverträge, Moderatorentätigkeit, etc.). Außerdem solltest du wissen, dass das meiste Geld Leute verdienen, die die Verwertungsrechte an geistigem Eigentum besitzen. Dazu zählen erfolgreiche Songwriter ebenso wie Verleger und Produzenten. Im weitesten Sinne gehören zu dieser Gruppe aber auch Manager, Agenten und Konzertpromoter. Wie in jedem anderen Business auch gibt es dabei Arbeit- oder Auftraggeber, die absolut fair und aufrichtig sind, während andere Egoisten, Deppen oder einfach … (Schimpfwort deiner Wahl) sind. Wenn du das erkannt hast, dann kannst du diese Karriere verfolgen, ohne enttäuscht zu werden.
Wie ich schon in anderen Blog-Artikeln geschrieben habe, gibt es finanziell sicher weitaus profitablere Berufe, die du wählen kannst als jenen des Sideman. Genauso gibt es aber auch viele Jobs, die für das persönliche Einkommen sehr viel weniger lohnend sind. Letztlich musst du dir die Fragen stellen: Was will ich mit meinem Leben anstellen? Womit will ich mein Geld verdienen?
Freelance Musiker: sei gut – und immer zuverlässig
Der Job als Sideman hat keine geregelten Arbeitszeiten. Und so sehr das für uns Kreative von Vorteil ist – es hat natürlich auch einige Nachteile. Bei den meisten Tätigkeiten kannst du dich einfach krankmelden, wenn es dir nicht gut geht. Auf Tour ist das nicht so einfach, ob als Support-Act oder Headliner. Denn mit jedem Auftritt sind vorab geschlossene Verträge verbunden, deren Einhaltung auch mit Rechtsmitteln durchgesetzt wird, ohne Rücksicht auf Verluste. Deshalb wird von dir als Session-Musiker erwartet, dass du erscheinst – egal unter welchen Umständen.
Auf Tour wurde ich einmal völlig überraschend krank, musste aber eine Show im K 17 in Berlin spielen. Schon alleine bei dem Gedanken daran mich hinter das Schlagzeug zu setzen, wurde mir speiübel. Ich hatte Fieber und mein Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren. Jeder Schlag auf die Snaredrum war wie ein Schlag auf meinen Kopf. Ich war total fertig. Wenn es jemals einen Moment gegeben hat, an dem ich mich gerne krankgemeldet hätte, dann war es sicherlich dieser Abend. Dennoch musste ich weitermachen und die Show spielen. Denn ich hatte keine andere Wahl. Die anderen Musiker und das Publikum erwarteten, dass ich die Leistung abrufe, die sie von mir gewohnt waren. Ich kann dir sagen, dass es nicht einfach ist, unter solchen Umständen aufzutreten. Trotzdem funktioniert es und zeigt dir, welche harten Seiten dieses Geschäft manchmal haben kann.
Und jetzt bist du dran: Was willst du in deinem Leben erreichen? Ist eine Karriere als Freelance Musiker für dich eine Option? Sei ehrlich zu dir selbst und folge deinem Herzen sobald du es weißt. Welche Vorstellungen hast du vom Dasein als Freelancer im Musikgeschäft? Oder hast du vielleicht schon Erfahrungen als Sideman oder Studio-Musiker? Ich freue mich über deine Kommentare.
Wow.. Very enlightening! You’ve touched on some of the intricacies that I always wondered about.. I feel that I much rather be a great teammate in a band, than a paid musical part-time „assassin“ however I am starting to see the very challenges you mention. Thanks for the enlightenment! Keep Jammin‘!
Thank you for your message Joey. I think it is the dream of all of us to be part of a solid band project. Nevertheless, I would like to reiterate that even as a paid session musician it is essential to be a team player. I am happy that I could open you a new perspective. Keep on drummin´!