Neue Songs produzieren, ein Video drehen, oder eine Tournee finanzieren: Wer Musik macht und davon leben will, wählt immer öfter die Option Crowdfunding. Ob Kickstarter oder Startnext, Indiegogo oder Patreon: Viele Plattformen bieten inzwischen die Möglichkeit, eigene Projekte rund um die Musik von Fans unterstützen zu lassen. Falls du dich fragst: Wie geht das? In diesem Artikel findest du Hinweise und Tipps für deine nächste Kampagne.
Tonträger-Umsätze sinken
Das letzte Jahrzehnt war nicht nur für die Plattenfirmen schwierig. Vor allem die Musikerinnen und Musiker, die versuchen, ihren Lebensunterhalt mit Musik zu verdienen, wurden vom Umbruch der Branche getroffen. Schließlich sank der Umsatz durch Verkäufe von Tonträgern in Deutschland nach Angaben der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 1997 auf 577 Millionen Euro im Jahr 2019. Viele Labels fragen sich heute daher zweimal, ob sie noch in vielversprechende Musiktalente investieren sollen. Alternative Finanzierungsformen von Kunst und Kultur sind daher immer populärer geworden.
Crowdfunding für Musik
So bieten Plattformen wie Kickstarter, Startnext oder Indiegogo ihren Nutzern die Möglichkeit, Geld von Menschen zu sammeln, um ein bestimmtes Projekt freiwillig zu unterstützen. Als Belohnung erhalten die Geldgeber materielle oder ideelle Gegenleistungen. Mit diesem Crowdfunding wurden nicht nur unzählige Startups und neue Produkte finanziert, sondern auch viele Projekte aus dem Bereich Musik.
Bis zum November 2020 hatte zum Beispiel Kickstarter fast 5,5 Milliarden Dollar eingesammelt, etwa ein Viertel davon jedoch allein für Games-Projekte. Aber auch Bands wie De La Soul oder TLC ließen sich vor einigen Jahren ihre Albumproduktion auf diese Weise vorfinanzieren. Bei der deutschen Konkurrenz Startnext, wo bisher 115 Millionen Euro eingeworben wurden, sind musikalische Vorhaben die populärste Kategorie. Über 1.000 Projekte waren bereits erfolgreich: Bands wie Hundreds, Musiker wie Peter Licht und Organisationen wie die Bayerische Philharmonie oder das Auerworld Festival sammelten dort schon Geld für ihre CDs oder Events .
Kickstarter, Startnext & Co.: keine Garantie auf Erfolg
Das zeigt, wie schnell sich die Rahmenbedingungen in der Kulturindustrie verändert haben – und welche neuen Möglichkeiten sich für die Musikschaffenden, aber auch die Musikkonsumenten, durch den technologischen Fortschritt ergeben. Trotzdem ändert das nichts an der Tatsache, dass heutzutage mit Musik viel weniger Geld verdient wird als noch vor fünfundzwanzig Jahren. Denn obwohl die Beliebtheit von Crowdfunding auch für die Musik stetig zunimmt, werden bei weitem nicht alle Projekte erfolgreich finanziert.
Bei Kickstarter beträgt die Erfolgsquote über alle Projekte hinweg 38 Prozent. Kampagnen, die nicht ihr Finanzierungsziel erreichen, gehen leer aus. Startnext berichtet, dass 73 % aller Musikkampagnen auf der Plattform erfolgreich sind, also mindestens ihr vorher festgelegtes Startlevel der Finanzierung erreicht haben.
14 Tipps: Wenn du mit Crowdfunding Musik finanzieren willst
Aus diesem Grund stellen sich viele Musiker natürlich die Frage, wie sie vom Crowdfunding profitieren können – und welche Herausforderungen sie bei dieser Form der Schwarmfinanzierung erwarten. Um diese Fragen zu beantworten, habe ich 14 Tipps für dich zusammengestellt. Sie sollen dir helfen, dass eure Crowdfunding-Kampagne für euer Musikprojekt ein voller Erfolg wird:
- Vergleicht den Start eurer Crowdfunding-Kampagne mit dem Release eines neuen Albums. Dazu gehört neben einem einprägsamen Titel auch ein entsprechendes Corporate Design, das der Kampagne Wiedererkennungswert verleiht. Passt das Design eurer Website und sämtlicher Social-Media-Kanäle entsprechend an. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, vorab neue Bandfotos zu machen, um eure Unterstützer während der Kampagne bei Laune zu halten. Außerdem nicht vergessen: Plant genau, welche Inhalte ihr wann auf der Crowdfunding-Plattform veröffentlichen wollt, damit euer Projekt interessant bleibt und für möglichst viele Unterstützer attraktiv erscheint. Dafür erstellt ihr am besten einen verbindlichen Content-Plan.
- Daraus ergibt sich der nächste wichtige Punkt, die Belohnungen. Euer wichtigstes Ziel muss hier lauten: Bietet nur Dinge an, die eure Fans auch wirklich gebrauchen können oder haben wollen. Ich sehe immer wieder Crowdfunding-Kampagnen, die ihr Ziel nicht erreichen und ich kann den Grund dafür in 90 % der Fälle sofort benennen – unattraktive Belohnungen. Deshalb mein Tipp: Behandelt diesen Bereich mit der größtmöglichen Sorgfalt und rechnet für die Planung mindestens sechs Wochen, besser zwei Monate Vorlaufzeit ein. Es macht sich bezahlt – definitiv. Wie viele Belohnungen solltest du überhaupt anbieten? Was ist sinnvoll? Meiner Erfahrung nach sind 10-12 individuelle und hochwertige „Goodies“ für eure Fans mehr als ausreichend. Trotzdem solltet ihr nicht vergessen, ein oder zwei völlig verrückte Belohnungen einzuplanen, die möglicherweise 3.000, 5.000 oder gar 10.000 Euro kosten. Auch wenn es noch so abwegig erscheint: Man weiß nie, was in Zukunft so alles passiert. Doch Vorsicht: Gerade bei hochpreisigen Belohnungen gilt, je individueller desto besser. Ihr müsst kreativer sein als die anderen Bands, um die Aufmerksamkeit möglicher Unterstützer auf euch zu ziehen. „Hol dir das Album einen Monat vor Veröffentlichung“ reicht schon lange nicht mehr aus, um bei einer Crowdfunding-Kampagne erfolgreich zu sein.
- Deshalb kommt auch eurem Projektvideo eine sehr wichtige Rolle zu. Denn Kampagnen mit Video sind einfach erfolgreicher. Das ist eine Tatsache. Also plant das von Anfang an mit ein. Wie ihr das Video erstellt, ob hoch professionell oder mit Smartphone und Gimbel ist eigentlich egal, solange ihr euch authentisch und interessant präsentiert. Auf eines möchte ich dich noch hinweisen: Nur weil ein Video günstig produziert wurde, heißt das noch lange nicht, dass es ohne Plan und Ziel gedreht wurde. Strukturiert jeden Schritt minutiös; nur so könnt ihr euer Crowdfunding-Projekt und eure Musik weiterbringen, als ihr es jemals für möglich gehalten habt.
- Doch bleibt bei eurer Zielsetzung realistisch. Die Chance, dass ihr mit 50 Fans 10.000 Euro einsammeln werdet, ist höchst unwahrscheinlich. So belaufen sich bei Kickstarter die weitaus meisten finanziellen Beiträge auf bis zu 100 US-Dollar. Wählt also ein Ziel, das ihr einerseits erreichen könnt und das andererseits sicher stellt, dass ihr eure Ausgaben für die Belohnungen auch decken könnt. Denn nichts ist schlimmer als eine fehlerhafte Kalkulation – am Ende zahlt ihr noch drauf. Außerdem dürft ihr nicht vergessen, dass Kickstarter und Indiegogo ca. 8 % bis 15 % Provision von der eingesammelten Gesamtsumme verlangen, bei Startnext sind es 4 % Gebühren für den Zahlungsdienstleister und eine freiwillige Provision von durchschnittlich 3 Prozent. Unterschätzt zudem niemals die anfallenden Kosten für den Versand der Päckchen und Pakete an eure Unterstützer. Und denkt an die 50/50-Regel: 50 % des Budgets ist für die Produktion, die anderen 50 % für das Marketing vorgesehen. Plant dementsprechend.
- Auch wenn Ihr euer Fundingziel schon erreicht habt, solltet ihr eure Fans dazu motivieren, euch weiterhin zu unterstützen. Erstellt dafür Stretch-Goals. Zu diesen kann beispielsweise das Aufnehmen weiterer Songs gehören oder die Möglichkeit, ein Musikvideo zu drehen, sobald ihr euer angestrebtes Ziel übertrefft und den nächsten Meilenstein erreicht.
- Kickstarter weist auf seiner Website ausdrücklich daraufhin, dass die erfolgreichsten Projekte 30 Tage lang laufen. Ein längerer Zeitraum kann unter Umständen dazu führen, dass die Leute das Interesse an eurem Projekt verlieren. Außerdem kann schnell das Gefühl entstehen, dass es nicht wirklich dringend ist, wenn sie euer Projekt sehen und dieses 60 Tage läuft. Völlig unabhängig davon wollt ihr ja auch nicht, dass sich die ganze Sache unnötig in die Länge zieht.
- Nachdem ihr euer Crowdfunding-Projekt veröffentlicht habt, ist es an der Zeit, die Kampagne ans Laufen zu bringen: Feiert den Start in euren Social-Media-Kanälen und erzählt allen Leuten davon, die ihr kennt. Kümmert euch darum, das Crowdfunding-Ziel zu erreichen – Tag und Nacht. Seid verrückt und genießt die gemeinsame Zeit als Band. Es macht unendlich Spaß. Meiner Erfahrung nach werdet ihr ein Drittel bis 50 % des gesamten Fundingziels in der ersten Woche eurer Kampagne erreichen. Also müsst ihr den größten Teil eurer Energie in genau diesen Zeitraum investieren. Vergesst auch nicht, Anfragen von möglichen Unterstützern umgehend und freundlich zu beantworten.
- Nachdem Woche 1 super verlaufen ist und ihr auf Wolken schwebt, kehrt jetzt erfahrungsgemäß etwas Ruhe ein. Die anfängliche Aufregung ist verklungen und eine wirkliche Dringlichkeit, wie in der letzten Woche eurer Kampagne, gibt es nicht. Was ist zu tun? Ihr müsst euch etwas einfallen lassen, damit die Leute nicht das Interesse an euch und eurer Kampagne verlieren. Eine super Lösung wäre zum Beispiel ein kostenloser Live-Stream aus dem Proberaum, bei dem ihr ein paar Songs aus dem kommenden Album anspielt und anschließend Fragen von Fans beantwortet. So werden auch die letzten Unentschlossenen dazu inspiriert, mitzumachen und ein Teil eures Projekts zu werden.
- Genau deshalb ist es auch so wichtig, dass eure Unterstützer das Gefühl haben, die ganze Sache zusammen mit euch in die Tat umzusetzen. Ladet sie ein, euch auf diesem Weg zu begleiten und betrachtet sie als festen Bestandteil eures (Street-)Teams. Gemeinsam erfolgreich sein oder gemeinsam scheitern lautet die Devise.
- Bei aller Euphorie wird es aber auch Unterstützer geben, die nicht jedes Update von euch kommentieren und euch gut zureden. Stattdessen warten sie einfach darauf, dass die Belohnung endlich mit der Post ankommt. Das ist völlig in Ordnung. Denn nicht jeder will unbedingt „ein Teil des Prozesses“ sein. Behandelt diese Leute mit dem gleichen Respekt wie eure „Die-Hard-Fans“. Vielleicht gefällt ihnen einfach eure Musik oder sie freuen sich darüber, einen Rabatt zu bekommen oder das Album früher in den Händen zu halten. Die Gründe können vielfältig sein.
- Du siehst also: Eure Fans sind unterschiedlich. Deshalb müsst ihr sie möglichst differenziert ansprechen. Überlegt euch Wege, um mit den verschiedenen Zielgruppen innerhalb eures Fan-Pools in Kontakt zu kommen. Ich finde es zum Beispiel sinnvoll, wenn sich verschiedene Bandmitglieder um verschiedene Fan-Bereiche kümmern. Besprecht und plant das gemeinsam vorab. Denn während der Crowdfunding-Kampagne fehlt für solche Dinge die Zeit.
- Ein Fehler, der einfach zu vermeiden ist, den ich aber immer wieder beobachte – Bands versäumen es, den Link zu ihrer Kampagne zu teilen. Vergesst nie: Keiner mag es lange zu suchen. Ganz besonders nicht im schnelllebigen Internet-Zeitalter. Deshalb könnt ihr den Link zu eurer Crowdfunding-Seite nicht oft genug posten, damit es potenzielle Geldgeber so einfach wie möglich haben, euch zu unterstützen. Auch wenn es sich zu Beginn etwas seltsam anfühlt: Im Laufe der Zeit wird es absolut normal sein, dass Ihr den Link zu eurer Kampagne jeder eurer Online-Veröffentlichungen hinzuzufügt. Niemand darf Schwierigkeiten haben, euer Crowdfunding-Projekt zu finden.
- Deshalb gebe ich euch hiermit die einmalige Erlaubnis das zu tun, von dem ich eigentlich immer abrate: Die Leute zu nerven. Tweetet, schreibt und postet mehrmals täglich auf allen Social-Media-Kanälen. Macht kurze TikTok-Videos und kostet eure Kampagne bis aufs Letzte aus. Jeder muss wissen, dass ihr gerade auf einer Cowdfunding-Plattform Geld für eure Musik einsammelt. Schließlich ist das der nächste wichtige Schritt in eurer Karriere.
- Aus diesem Grund solltet ihr auch nicht davor zurückschrecken, persönliche Nachrichten an Freunde, Familie, Musikerkollegen und Fans zu schreiben. Denn diese persönliche Ansprache wirkt oft Wunder. Personalisiert die Nachrichten und füllt sie mit Leben. Damit bringt ihr Schwung in die zweite, lahme Woche. Ich weiß, so etwas ist zeitaufwendig und kostet Nerven. Es macht sich aber bezahlt, denn auf diesem Weg kann schnell ein kleiner vierstelliger Betrag zusätzlich den Weg in eure Kasse finden und schließlich dabei helfen, dass ihr euer Fundingziel erreicht.
Ich bin fest davon überzeugt, dass Fans immer noch dazu bereit sind, Geld für Musik zu bezahlen. Nur müsst ihr heute neue Wege gehen, um dieses Ziel zu erreichen. Crowdfunding kann dafür ein erster Schritt sein, damit eure Musik in die Welt kommt.
Jetzt interessieren mich deine Erfahrungen: Hast du mit deiner Band schon mal eine Crowdfunding-Kampagne für ein Musik-Projekt gestartet? Seid ihr erfolgreich gewesen? Wenn nicht, wisst ihr was ihr falsch gemacht habt? Lasse es mich in den Kommentaren wissen. Ich freue mich, von dir zu hören.