Bands und Künstler komponieren, entwickeln und präsentieren ihre Musik heutzutage vor allem online: Auf Instagram, SoundCloud, YouTube, TikTok oder Twitch zeigen sie sich in den unterschiedlichsten Facetten. Hier kannst du lesen, wie Musikerinnen und Musiker YouTube nutzen, um ihre Fans zu erreichen oder neue Musik vorzustellen und ob es sich auch für dich oder deine Band lohnt, Zeit in den Aufbau eines YouTube-Kanals zu investieren und dort vielleicht sogar Geld zu verdienen.
Als Band bekannt werden: Bühne vs. Bildschirm
Kurz nach der Jahrtausendwende hörte ich mit meiner Band immer wieder den Spruch: „Wenn ihr als Musiker erfolgreich sein wollt, dann müsst ihr euch den A**** abspielen.“ In der Praxis sah das so aus, dass man eine Unmenge von Live-Shows in seiner lokalen Szene spielte, um auszuprobieren, was funktioniert und was nicht. Meist hat es Jahre gedauert, bis Bands ihren eigenen Stil gefunden haben. Heute ist das Musikbusiness schnelllebiger und dieser Prozess hat sich ins Internet verlagert.
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Musikern, die kaum oder nicht mehr live in einem Club spielen, sondern ihre Fans ausschließlich über YouTube und Social-Media-Kanäle erreichen. Indem sie mehrmals wöchentlich (Musik)-Videos posten, erzielen manche von ihnen so viele Zuschauer, wie es unter anderen Vorzeichen oder in früheren Zeiten niemals möglich gewesen wäre. Ein gutes Beispiel dafür ist der US-amerikanische Sänger und Songwriter Charlie Puth, der ebenso durch YouTube berühmt geworden ist wie Ed Sheeran, der schon vor seinem ersten Plattenvertrag Platz 1 der iTunes-Charts erreichte.
Mit Coversongs zum Star
Gerade in den Anfangsjahren von YouTube war es möglich, sich mit sehr einfachen Mitteln eine Fangemeinde zu erspielen. Denn als die Videoplattform 2006 online ging, war es nichts Ungewöhnliches, sich mit einer Akustikgitarre vor die Webcam zu setzen und einfach in das eingebaute Mikrofon am Laptop zu singen. Die US-Amerikanerin Terra Naomi war eine der ersten, die genau das erfolgreich tat.
Vor allem mit Coverversionen von großen Hits erzielten einige bis dahin unbekannte Musiker virale Erfolge. So luden zum Beispiel Shawn Mendes oder Justin Bieber schon im Teenager-Alter ihre ersten Coversongs bei YouTube hoch, bevor sie in den folgenden Jahren zu weltweit gefeierten Stars wurden. Auch wenn es nicht immer zu einer Weltkarriere reicht – eindrucksvoll sind die bis heute über 190 Millionen Views allemal, die eine Coverversion von Gotyes Somebody That I Used To Know erzielte – die kanadische Band Walk off the Earth hatte dabei zu fünft auf einer Akustikgitarre gespielt. Vielleicht hast du ja auch mal eine Idee, wie du einen Coversong mit einer ungewöhnlichen Instrumentierung für ein YouTube-Video arrangieren kannst.
YouTube: Produktion am laufenden Band
In den letzten Jahren hat der technische Fortschritt dazu geführt, dass hochwertige Audio- und Videoaufnahmen immer kostengünstiger werden und dadurch auch die Ansprüche der Zuschauer steigen, was die Qualität der Videos betrifft. Der Wettbewerb zwischen den YouTubern ist so wesentlich härter geworden. Die erfolgreichen unter ihnen haben sich den neuen Rahmenbedingungen angepasst und verfügen mittlerweile über eigene Aufnahmestudios, DSLR-Videokameras, komplette Beleuchtungsanlagen und die passende Videoschnitt-Software. So können sie jeden Schritt des Produktionsprozesses kontrollieren und sind deshalb dazu in der Lage, regelmäßig und in sehr kurzen Zeitabständen hochwertige Videos online zu stellen. Mal vom Genre abgesehen, finde ich es wirklich beeindruckend, wie viel Content einige YouTuber im Laufe ihrer Karriere erstellt haben.
Regelmäßig Videos veröffentlichen
Während Bands früher alle drei Jahre zehn Songs veröffentlicht haben, bringen YouTuber heutzutage alle drei Monate zehn Songs heraus. Wie oder ob sich dieser enorme Schaffensdruck auf die Qualität des kreativen Outputs auswirkt, will ich an dieser Stelle nicht beantworten. Wenn man andererseits nicht regelmäßig Content veröffentlicht, kann es schnell passieren, dass viele Abonnenten eines bestimmten Kanals zu einem anderen YouTuber wechseln.
Hinzu kommt, dass der Google-Algorithmus Videos favorisiert, die (so wird es vermutet) mindestens zehn Minuten dauern und von Accounts mit mehr als 10.000 Abonnenten hochgeladen werden. Um ihren Content zu monetarisieren, müssen die Kanalbetreiber daher fortlaufend produzieren und mit ihrer Fanbase auf verschiedenen Social-Media-Kanälen kommunizieren. Das schaffen nur die wenigsten oder nur für eine begrenzte Zeit.
Die neue YouTube-Generation
Andererseits ist die Plattform mit mehr als 2 Milliarden monatlich aktiven Nutzern beliebter als je zuvor. Die Art und Weise, wie man dort erfolgreich sein kann, hat sich allerdings dramatisch verändert. Einige Musiker haben deshalb begonnen, die Konzeption ihrer Kanäle neu auszurichten und sind damit erfolgreich. Zu dieser „neuen“ Generation an Musik-YouTubern zähle ich zum Beispiel Ola Englund, Rob Scallon oder Cobus Potgieter, die die Weiterentwicklung von Youtube mit Bravour gemeistert haben. Alle diese Akteure sind bereits seit mehreren Jahren auf der Plattform aktiv und haben schon hunderte von Videos online gestellt, in denen sie ihre Begeisterung für die Musik teilen.
Schaut man sich die Kanäle an, wird klar: Die erfolgreichen Musik-YouTuber müssen heute inhaltlich viel breiter aufgestellt sein als noch vor zehn Jahren. Da geht es von Themen wie „Lifehacks für dein Instrument“ oder „Wie spiele ich Song X?“ bis hin zu „Wie wurde dieser bestimmte Sound kreiert?“
So konnte Rob Scallon mit seinen aufwendig produzierten Videos, in denen er Metal-Hits mit Sitar, Banjo oder Jazzband covert oder zeigt, wie man Gitarren im DIY-Stil baut über 2 Millionen Abonnenten gewinnen. Auch der südafrikanische Schlagzeuger Cobus Potgieter blickt schon auf eine lange YouTube-Karriere zurück, seine Drum-Coverversionen erzielen oft viele Millionen Views.
Hochwertige Videos, authentische Inhalte
Da YouTube nach wie vor der beliebteste Musik-Streaming-Dienst der Welt ist und die meisten Menschen YouTube als erstes aufsuchen, um Musik zu hören, brauchst du oder deine Band auf jeden Fall hochwertige und ästhetisch ansprechende Inhalte, wenn ihr gehört (= wahrgenommen) werden wollt. Denn wenn ihr nicht regelmäßig guten Content veröffentlicht, der euch authentisch präsentiert, dann halte ich es für unmöglich, beim Aufbau eines eigenen YouTube-Kanals langfristig erfolgreich zu sein. Euer wichtigstes Ziel sollte es deshalb sein, über gute Videos eine enge Verbindung mit euren Fans aufzubauen.
Das müssen nicht immer dramaturgisch durchdachte Musik- oder Lyrics-Videos sein. Clips aus dem Proberaum, von der Tour oder von einem Billardabend stehen ebenfalls für authentische Inhalte aus eurem Band-Alltag.
Lohnt sich YouTube für deine Band?
War früher die Anzahl der verkauften Alben oder Singles ein markanter Gradmesser für die Beliebtheit einer Band, so sind es heute die Streamings bei Spotify oder eben die Klickzahlen bei YouTube. Die Videoplattform sollte daher ein wichtiger Baustein bei der Entwicklung deiner Karriere im Musikbusiness sein.
Eines ist dabei klar: Die Produktion von interessantem und hochwertigem Content kostet vor allen Dingen viel Zeit und Übung. Doch dieser Aufwand kann sich durchaus lohnen. Wenn deine Band viele Abonnenten hat, dann habt ihr auch Fans, die euch auf Patreon unterstützen können, die eure nächste Crowdfunding-Kampagne fördern und bewerben, die euer Merchandise kaufen und eure Shows besuchen, wenn ihr auf Tour geht.
Doch sei dir über Folgendes im Klaren: Wenn du als YouTuber erfolgreich sein willst, dann musst du viel, viel Zeit investieren und solltest im Idealfall noch eine alternative Einkommensquelle haben – denn als YouTuber verdient man lange Zeit nicht viel. So braucht ihr für euren Kanal mindestens 1.000 Abonnenten und eine Wiedergabezeit von 4.000 Stunden innerhalb der letzten zwölf Monate, um am YouTube-Partnerprogramm teilnehmen (und dadurch über Werbeeinnahmen Geld verdienen) zu können.
Kooperation mit Influencern
Wahrscheinlich fragst du dich jetzt: Was ist der richtige Weg? Wie fangen wir am besten an? Wie werde ich YouTuber? Die Antwort ist: Es gibt keine einheitliche Herangehensweise an YouTube. Content-Produzenten, die Millionen von Views haben, sind aber in der Regel nicht mit einem viralen Video über Nacht erfolgreich geworden. Vielmehr haben sie konstant hochwertige Videos produziert und sind dadurch Stück für Stück bekannt geworden. Sie waren so präsent, dass man an ihnen schlicht nicht mehr „vorbeigekommen“ ist. Konsistenz ist wie überall der Schlüssel zum Erfolg.
Dass soll natürlich nicht bedeuten, dass es keine Abkürzungen gibt, die es sich nicht zu nehmen lohnt. Denn die Zusammenarbeit mit bereits etablierten YouTubern ist eine der besten Methoden, um schnell neue Fans zu gewinnen. Sobald ihr in einem Video eines anderen YouTubers auftaucht, könnt ihr euch einem völlig neuen Publikum präsentieren und neue Fans gewinnen. Einen besseren Weg, um schnell seinen Bekanntheitsgrad zu steigern, gibt es wohl nicht. Wer keinen erfolgreichen YouTuber in seinem Freundeskreis hat, kann über Agenturen wie zum Beispiel Mediakraft Verträge und Werbekampagnen mit Influencern buchen.
Creator Academy
Ob deine Band sich letztlich dafür entscheidet, eine Fangemeinde über YouTube aufzubauen, bleibt natürlich euch überlassen. Wenn ihr euch aber für YouTube entscheidet, dann solltet ihr euch auf jeden Fall intensiv mit der Creator-Academy beschäftigen (creatoracademy.youtube.com). Dort gibt es jede Menge hilfreiche Tutorials, wie man am besten als YouTuber anfängt. Obwohl es sicher keine Grundvoraussetzung ist, um als Band oder Musiker erfolgreich zu sein, halte ich YouTube trotzdem für eine sehr gute Möglichkeit, um den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern und neue Fans zu gewinnen.
Jetzt interessiert mich deine Meinung: Welche Rolle spielt die Videoplattform YouTube für deine Band? Betreibt ihr bereits einen eigenen YouTube-Kanal? Glaubst du, dass sich die Entwicklung junger Künstler immer mehr in den digitalen Raum verlagert? Welche Chancen und Probleme siehst du dadurch? Lasse es mich in den Kommentaren wissen. Ich freue mich, von dir zu hören.