Wie geht man mit Konzertanfragen von Veranstaltern um? Hilft es der Karriere, als Supportband aufzutreten? Welche Gage kann man verlangen? Lohnt es sich, Gigs nach dem Prinzip Pay to Play zu spielen? Hier erfährst du, was du als Support Act von etablierten Bands beachten solltest und welche Arten von Deals dich bei Live-Gigs erwarten.
Dein Weg zum Ruhm: erfolgreiche Konzerte
Wenn du viele Konzerte spielst, wird es hoffentlich einen Punkt geben, an dem sich die Reaktion des Publikums verändert. Der höfliche, respektvolle Applaus weicht dem begeisterten und enthusiastischen Jubel echter Fans. Freunde gratulieren deiner Band zu dem verdienten Erfolg und fremde Leute sprechen dich nach der Show am Merchandise-Stand an. Kurz und gut: Ihr seid auf dem besten Weg, ein gefragter Live-Act zu werden.
Da ist es logisch, dass deine Band auch Anfragen für weitere Konzerte erreichen, die mich und meine Musikerkollegen in der Vergangenheit vor die folgenden Fragen gestellt haben: Sollen wir Gage verlangen? Wenn ja, wieviel? Ich gebe offen zu, dass ich früher ein Problem damit hatte, Geld für Konzerte zu verlangen. Denn meine Befürchtung war folgende: Ich nahm an, dass wir für den Veranstalter unattraktiv erscheinen, wenn wir eine angemessene Gage für unseren Auftritt verlangen würden. Rückblickend betrachtet ist das natürlich völliger Blödsinn, da wir ja deshalb von Veranstaltern angefragt wurden, weil wir zuvor hervorragende Live-Konzerte gespielt hatten.
Die 3 x 10-Regel bei der Auswahl deiner Gig-Angebote
Doch bei welchen Gig-Anfragen sollte man als Band zusagen und wann ist es besser, dankend abzulehnen? Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich einfach, wenn du die 3 x 10-Regel befolgst. Dafür ist es wichtig, dass deine Band jedes Angebot zunächst nach den folgenden drei Kriterien bewertet: Karrieremöglichkeiten, Bezahlung und Spaß. Dabei gilt: Spielt das Konzert nur, wenn die Anfrage auf der Skala mindestens 15 Punkte erreicht. Der Gig bietet fantastische Karrieremöglichkeiten (10) und macht auch noch Spaß (6) obwohl es keine Gage gibt? Wunderbar. Spielt den Gig. Konzerte, die du besser nicht annehmen solltest, sind jene, bei denen es wenig Gage (2) gibt, die keinen Spaß (4) machen und die deiner Band keine Möglichkeiten bieten, um euren Bekanntheitsgrad (1) zu steigern.
Haltet als Supportband eure Spielzeit ein
Dein Ziel sollte immer sein, neue Fans zu gewinnen – am besten bei jedem Auftritt. Als Newcomer ist das jedoch gar nicht so einfach. Deshalb ist mein Tipp: Versuche, mit deiner Band als Support Act für bereits etablierte Künstler aufzutreten. Doch auch hier gilt es, verschiedene Regeln zu beachten, damit das Abenteuer „Tour-Support“ nicht endet, bevor es so richtig losgegangen ist.
Die wichtigste Regel lautet: Haltet euer Set zwei Minuten kürzer, als es die Spielzeit eigentlich erlaubt. Konkret bedeutet das: Hat euer Slot 35 Minuten Spielzeit, dann spielt nur 33 Minuten, packt anschließend euer Equipment schnell zusammen und verlasst die Bühne. Dabei ist es völlig egal, ob das Publikum nach einer Zugabe verlangt oder ob du glaubst, dass „einer noch geht“: Spiele mit deiner Band niemals länger, als es vorab ausgemacht war.
Das gilt ganz besonders dann, wenn ihr nicht der einzige Support Act seid. Andernfalls kann es schnell passieren, dass ihr arrogant und überheblich wirkt. Vergiss außerdem nie, dass ihr als lokaler Support eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen habt. Die heißt: Bringt eure Fans mit auf das Konzert des Headliners und füllt die Location zusätzlich mit 50 Leuten. Denn selbst etablierte Indie-Künstler schaffen es nicht, zu jedem Konzert so viele Zuschauer zu ziehen, dass die Tour insgesamt kostendeckend gefahren werden kann. Deshalb schauen sich Tour-Promoter regelmäßig nach vielversprechenden lokalen Vorbands um.
Generell solltest du beachten: Die Art und Weise, wie allgemein bei Live-Auftritten mit unbekannten Künstlern umgegangen wird, wenn es um die Gage geht, unterscheidet sich von Ort zu Ort und manchmal von Club zu Club ganz erheblich. Im Folgenden habe ich die schlechtesten und die besten Angebote zusammengestellt, die mir dabei als Musiker/Booker bisher untergekommen sind:
1. Unterirdisch: Pay to Play
Auf dieses Angebot lassen sich meistens sehr junge oder unerfahrene Bands ein, denen versprochen wird, dass sie in einem bekannten Club oder auf einem renommierten Festival auftreten dürfen. Das Einzige, was sie dafür tun müssen, ist es, dem Veranstalter „nur“ 50 Tickets zum Preis von je 10 Euro abzukaufen. Wer rechnen kann, der ahnt es schon: Der Buy-In für ein einziges Konzert liegt damit bei 500 (!) Euro.
Normalerweise tummeln sich auf einem solchen Event, denn Konzert würde ich das beim besten Willen nicht mehr nennen, zwischen 10 und 15 Bands, die jeweils 20 bis 30 Minuten spielen dürfen. Doch der einzige, der hier gewinnt und gutes Geld verdient, ist der Konzertveranstalter. Sonst niemand. Denn ob, wie versprochen, das Geld mit dem Verkauf von Merch-Artikeln wieder hereingeholt werden kann, bleibt oft fraglich.
Ein ähnliches Modell, das ich aus der Metal-Szene kenne, ist der sogenannte „Produktionskostenbeitrag“, den Künstler an Veranstalter bezahlen müssen. Tour-Slots werden auf diesem Weg verkauft – meistens gegen Höchstgebot. Ist das Prinzip des Pay to Play fair? Nein, garantiert nicht. Zumindest nicht dann, wenn junge (oder unerfahrene) Bands mit großen Hoffnungen viel Geld bezahlen und hinterher feststellen, dass sie bitter enttäuscht worden sind.
Eine positive Geschichte dazu ist jedoch folgende: Ich kannte eine Band, die sich regelmäßig bei größeren Acts als Tour-Support eingekauft hat. Im Vordergrund stand hier nicht Erfolg oder die eigene Karriere als Musiker. Nein, an erster Stelle stand der Spaß. Alle Beteiligten hatten gut bezahlte Jobs in der freien Wirtschaft. Jeder wusste im Voraus, worauf er sich einlässt. Daher ging es letztlich darum, die eigene Lieblingsband während der Tour backstage zu erleben und (finanziell) zu unterstützen. Wenn die Spielregeln immer so klar abgesteckt wären, dann hätte ich gegen das System Pay to Play prinzipiell nichts einzuwenden. Leider sieht die Wirklichkeit in 99 % der Fälle anders aus.
2. Schwierig: Locations mieten
Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir als Band früher Tauschkonzerte organisiert haben. Das Konzept dahinter ist sehr einfach: Wir wurden als Support Act nach Stuttgart eingeladen und als Gegenleistung sind die Künstler nach Karlsruhe gekommen, wo sie für uns als Support gespielt haben. Aber was tun, wenn wir in absehbarer Zeit keinen Gig in der Heimat geplant hatten? Dann hieß es, schnell etwas Eigenes organisieren.
Besonders die Suche nach einer passenden Location ist nicht immer einfach gewesen und so wurde uns mehr als einmal das Angebot gemacht, einen kompletten Club zu mieten. Der erste Gedanke, der mir dazu in den Kopf gekommen ist, war folgender: „Die haben kein Vertrauen in unsere Veranstaltung und das Konzept.“ Deshalb rate ich dir, von solchen Angeboten immer Abstand zu nehmen. Schaue mit deiner Band lieber nach einem Club, der euch ein faires Angebot macht (Punkt 5).
3. Kritisch: Mindestzahl an Zuschauern
Eine gängige Praxis ist es, dass Clubbesitzer den Bands anbieten, diese an den Einnahmen aus dem Eintritt nur dann zu beteiligen, wenn mindestens Zahl X an Gästen das Konzert besucht. Oberflächlich betrachtet scheint das Angebot in Ordnung zu sein. Bei näherer Betrachtung wirst du aber feststellen, dass es auf keinen Fall in Ordnung ist – denn die Band trägt bei diesem Gig zu 100 % das Geschäftsrisiko. Selbst bei einem erfolgreichen Konzert, das die vorgegebene Schwelle nur knapp verfehlt, geht die Band leer aus und fährt ohne Gage nach Hause.
Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Wenn jedes Ticket zehn Euro kostet und mindestens 150 zahlende Gäste für eine Gewinnbeteiligung der Band in Höhe von 70 % notwendig sind, dann bekommt der Veranstalter bei 140 zahlenden Gästen 1.400 Euro plus dem Gewinn aus dem Getränkeverkauf. Ist das fair?
4. Standard: Beteiligung nach Kostendeckung
In vielen Fällen ist es so, dass die Clubbesitzer zuerst einen festen Betrag von den Einnahmen abziehen, um ihre Kosten zu decken und anschließend den Rest mit dem Veranstalter teilen. Normalerweise liegt der Betrag zur Deckung der Unkosten irgendwo zwischen 100 und 250 Euro, abhängig von der Größe des Clubs. Doch wie wird das restliche Geld verteilt? Da die Clubbesitzer zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von Getränken erwirtschaften, erhalten die Veranstalter (oder Bands) meiner Erfahrung nach zwischen 60 % und 85 % der Einnahmen nach Abzug sämtlicher Ausgaben.
Ist das ein faires Angebot? Auf jeden Fall. Denn bei jedem Konzert fallen Kosten an, die es bei einer Disco-Veranstaltung schlicht nicht gibt (FOH-Mischer, Catering, etc.) Deshalb ist es nur gerecht, dass ein Clubbetreiber diese Ausgaben ersetzt bekommt, bevor die restlichen Einnahmen geteilt werden. Doch vergiss nicht, dass dieser auch Einnahmen aus dem Verkauf von Getränken erzielt, die er nicht mit euch teilt. Verhandele also unter Umständen besser nochmal nach, wenn euch nur 50 % oder weniger aus den Ticketverkäufen als Gage zustehen sollte.
5. Gut: Fairer Cut
Viele Clubs freuen sich darüber, deine Band als Gast zu haben und sind bereit, die Ticketeinnahmen für das Konzert von dem ersten Euro an zu teilen. Besser kann es eigentlich nicht laufen. Wenn 20 Gäste zu der Show kommen und jeder 10 Euro Eintritt bezahlt, dann bekommt ihr bei einem 70/30-Cut immerhin 140 Euro Gage. Für jeden Künstler sind das hervorragende Bedingungen. Leider höre ich von solchen Vereinbarungen in der letzten Zeit immer weniger.
Eine andere Variante eines fairen Deals bieten zudem manchmal kleinere Locations, wie Rockkneipen, an. Obwohl dort kein Eintritt entrichtet werden muss, zahlen die Betreiber der Band eine Mindestgage von zum Beispiel 150 Euro, die sie durch die erhofften zusätzlichen Getränkeeinnahmen erwirtschaften wollen. Aber zusätzlich kann das Publikum nach dem Gig der Band Geld „in den Hut“ werfen. Dabei kann an guten Abenden noch mal die gleiche Summe zusammenkommen.
6. Fantastisch: Garantierte Gage mit Gewinnbeteiligung
Ich muss gestehen, dass ich noch nie in den Genuss gekommen bin, unter diesen Bedingungen ein Konzert zu spielen. Dennoch habe ich gehört, dass andere Bands solche Deals schon ausgehandelt haben. Konkret sieht das Ganze so aus: Deine Band bekommt entweder tausend Euro Gage oder 80 % der Einnahmen. Wenn also 500 zahlende Gäste für einen Ticketpreis von je 10 Euro zu eurem Konzert kommen, dann erhält deine Band 4.000 Euro Gage. Sollten es nur 50 Gäste sein, dann bekommt ihr trotzdem die garantierten 1.000 Euro.
Doch auch hier darf die Gier nicht zu eurem Ratgeber werden: Sollte das Konzert so schlecht laufen, dass der Veranstalter am Ende draufzahlt, dann verzichtet auf einen Teil eurer garantierten Gage und gebt ihm etwas davon ab. Auf lange Sicht macht sich das bezahlt.
Und das solltet ihr auf keinen Fall tun
Einen meiner größten Fehler solltet ihr jedoch nie machen. Früher war ich fest davon überzeugt, dass der Clubbesitzer unser Konzert groß bewerben müsste. Meistens denkt dieser aber ganz ähnlich und nimmt an, dass die Band(s) die Veranstaltung bewerben müssen. Im Endeffekt war es dann so, dass niemand für die Show Werbung gemacht hat und die Veranstaltung fast ohne Zuschauer gelaufen ist.
Wie frustrierend das für alle Beteiligten war, muss ich dir nicht erklären. Genauso wichtig wie die richtige Werbung ist auch die richtige Größe der Location. Deshalb gilt: Spiele nur in Clubs, die du (fast) ausverkaufen kannst. Oder du versuchst, als Support für bekanntere Bands in größeren Hallen zu spielen und baust dadurch eine starke Fanbase auf. Denn wenn deine Band kleine Clubs regelmäßig ausverkauft, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis größere Veranstalter mit Booking-Anfragen an euch herantreten.
Jetzt bin ich auf deine Meinung gespannt! Welche Erfahrungen hast du beim Booking gemacht? Wie hältst du den Kontakt zu Veranstaltern während der Corona-Pandemie? Lasse es mich in den Kommentaren wissen. Ich freue mich auf deine Nachricht.